... beißen bekanntlich die Hunde ... und wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.
Nachdem ich nun für den 6. Dioramenwettbewerb nicht fertig geworden bin, das Eine oder Andere aber vielleicht doch auch für jemanden interessant sein mag, stelle ich hier mal ein paar Fotos vom Baufortschritt bis zum jetzigen Stand ein - ich werde auch noch ein paar Fotos machen, wenn ich weiter daran bastele (und das habe ich vor).
Schon vor einigen Jahren habe ich ein Fachwerkhaus nach norddeutschen Vorbildern gebaut (ein zweites harrt noch der Vollendung). Dabei sind die Gefache (also die Flächen zwischen den Balken) aus lufttrocknender Modelliermasse entstanden. Das funktioniert nicht schlecht, ist aber doch eine kleine Saue- und Quälerei. Außerdem schrummpft die Masse beim Trocknen etwas, so daß man teilweise Spalte zwischen Gefachen und Balken sehen kann, wenn man nicht beim Bemalen aufpaßt. Ferner muß man nach dem Aushärten alle Gefache herauspulen und festkleben ... also nicht gerade rationell, das Ganze.
Nachdem ich vor etwas über einem Jahr ein kleines Diorama für Fantasy-Figuren aus dünnem extrudiertem Polystyrol (vulgo "Styrodur") gebaut hatte - also etwa doppelt so großer Maßstab wie H0 -, wollte ich jetzt einmal diese Technik mit dem Bau eines Fachwerkhauses paaren ... und da kam der Dioramen-Bauwettbewerb.
Das Haus (angenommen ein kleines Zollhaus an eines Handelsroute des Mittelalters und daher um 1960 schon etwas abgewohnt und verfallen) ist dabei so klein, daß ich keinen Grundkörper aus PS-Platten (beim oben verlinkten Fachwerkhaus ist der Grundkörper aus 0,5mm PS) gebaut habe, sondern das extrudierte PS (2mm stark) mit ein paar Versteifungen an der Innenseite "tragend" ist. Bei größeren Häusern würde ich das aber vermutlich nicht machen.
Aber nun zu den Bildern:
Jede Wand besteht im Prinzip aus 2mm starkem extrudiertem PS. Die Balken des Fachwerks bestehen aus 2mm x 2mm PS-Profilen für die Schwellen (unterster waagerechter Balken) und Rähme (oberster waagerechter Balken) sowie die Eckpfosten. Die Giebel sind in Höhe des Rähms jeweils durchtrennt.
Alle Riegel und weiteren Pfosten bestehen aus Profilen von 2mm x 1mm. Diese habe ich an den gewünschten Stellen mit ein wenig Nachmessen und Augenmaß (soll ja ein altes, von den Jahren gebeugtes Haus werden) auf das extrudierte PS gedrückt und die Konturen schließlich mit einem kleinen Schraubendreher in das weiche Material gedrückt, bis der Balken passend tief in der Wand lag.
Die Eckpfosten gibt es logischerweise nur jeweils einmal ... zwei aneinandergrenzende Wände "teilen" sich jeweils einen. Somit kann man die ersten Teile schonmal probeweise zusammenstecken.
Risse und ausgebesserte bzw. vermauerte Gefache sind mit einer kleinen Klinge in das extrudierte PS graviert. Mühevoll ...
Fensterrahmen, -läden und andere Holzteile (wie der hier lose daneben liegende Abort) sind aus dünnen PS-Platten und mit Graviernadel, Drahtbüste und Messer bearbeitet.
Ich erspare euch die Zwischenschritte ... im Prinzip geht es Wand für Wand so weiter. einzig beim Kleben muß man etwas aufpassen: Extrudiertes PS kann man z.B. mit Weißleim ganz gut verbinden, PS-Profile aber nicht ... die kann man mit gewöhnlichem Plastikkleber gut verbinden, der aber extrudiertes PS auflöst!
Wasserlösliche Farben (Plaka&Co.) sowie Emailfarben dienen zur Bemalung. Das verwitterte Holz am Abort oder den Fensterrahmen und -läden entsteht aus mehreren Lagen Lack und mit Drybrushing.
Schwierig war die Dachkonstruktion, da das Haus einen trapezförmigen Grundriss hat, die Giebel unterschiedliche Höhen haben und die ganze Konstruktion leicht durchhängen sollte. Die Unterkonstruktion des Dachs ist aus kleinen PS-Stücken und -streifen zusammengesetzt, die Dachziegel sind aus einer Platte aus tiefgezogenem PS aus dem Architekturmodellbau (in Streifen und dann noch einzelnen bzw. mehreren Ziegeln geschnitten, damit das Dach alt und unregelmäßig wirkt).
Ein Teil des Daches ist nachträglich mit Well-Fulgurit gedeckt worden ... über das Asbest darin machte man sich damals keine Gedanken. Eine übrig gebliebene Platte wurde zur notdürftigen Reparatur eines Lochs im Dach genutzt.
Im Streiflicht kommt das wellige und nicht mehr ganz frische Dach gut zur Geltung. Alle Ziegel sind einmal rot grundiert und dann einzeln oder in Gruppen mit helleren oder dunkleren Farben nachgepinselt. Die letzte Tat vor der Dienstreise waren die Dachrinnen, die hier noch nichtmal lackiert sind
Der Schornstein ist aus Weißmetall und von einem kleinen, amerikanischen Hersteller.
Ein paar Email-Schilder dienen scheinbar dazu, die Wände irgendwie zusammenzuhalten ... und über Marken wie "Wichsmädel" hat sich damals auch niemand Gedanken gemacht.
Die Bewohnerin des Hauses (die Familie besteht aus einer wunderlichen und wahlweise als "Hexe" oder "Bordsteinschwalbe" titulierten Dame und deren Tochter) hat vor dem Wohnzimmerfenster einen nicht ganz gepflegten Blumenkasten aufgehängt ... aber auch der kann nicht wirklich vom defekten Fensterladen ablenken. Am vor einigen Jahren erneuerten Fenster im einzig bewohnbaren Raum im Dachgeschoß stehen dagegen zwei Kakteen in der Sommersonne.
Ja ... und das war's auch schon. Es fehlt halt noch so allerhand: Das Untergeschoß (das Haus soll am Hang stehen mit Eingang von der Straße, an der Rückseite hing der abort früher einfach so in der Luft), das Ganze drumherum ... einige Kleinigkeiten (Stromanschluß von der Freileitung, wild verlegte Kabel und Rohre) wären auch noch fällig ... und natürlich die Andeutung eines verwilderten Gartens rundherum.
vielen Dank für diesen prima Baubericht. Der komplette Selbstbau bringt Ergebnisse, die man mit Großserienmodellen einfach nicht erreicht. Zudem wirst Du diese wunderschöne Exponat garantiert auf keiner anderen Anlage finden. Vielleicht hast Du ja noch weitere Bauprojekte, die Du vorstellen kannst?
ein super Beitrag, wirklich schade, dass Du nicht rechtzeitig fertig geworden bist. Ich hoffe Du zeigst uns noch wie es mit Deinem Diorama weiter geht.
Eigenbauten dauern eben etwas länger. Aber es lohnt sich wie man sieht.
das ist ja um so mehr schade daß Du nicht am Wettbewerb teilnehmen konntest, oder soll ich sagen daß wir alle ganz froh sind.
Das ist ja ein tolle Qualität die Du hier zeigst und entspricht auch schon einem Niveau was selten zu finden ist - Respekt!
Wenn ich etwas kritisieren darf, auch wenn es noch nicht fertig ist, sind Deine Risse in den Wänden. Diese empfinde ich als unrealistisch weil sie sich zu deutlich von dem weiß abheben. Wenn Du die Farben dämpfst haut das schon eher hin.
Ansonsten ist das Haus der absolute Hammer, ich weiß wieviel Arbeit darin steckt, auf meiner Website findest Du unter Kitbashing eine Scheune die aus Balsaholz und Gips entstanden ist. Gips oder auch Spezialgips schrumpft nicht, waäre evtl was für Dich.
Danke, danke ... aber stellt' mal Eure Lichter nicht unter den Scheffel.
Zu den Rissen: Ich habe nur alles schwarz grundiert und dann den Putz weiß drübergepampft, da ist auf jeden Fall noch mehr Farbe nötig. Einmal, damit die Risse nicht so arg wirken, aber auch die Putzflächen sollten m.E. noch etwas verwaschener Wirken.
Die Dachziegelplatte habe ich in Streifen geschnitten und dann zwischen einem und vielleicht 5, 6 Ziegel abgeschnitten und aufgeklebt. Alle einzeln wäre wohl doch zu heftig.
Meine Güte, er war doch nur 12 Std. zu spät! Also es gibt schlimmeres von mir aus kann er mit in die Wertung ist ja was anderes als wenn jemand nach zwei Tage kommt.
Durch deinen Link im Thread "Noch mal von vorne" stieß ich erst jetzt auf diesen Baubericht. Große Klasse! Davon würde ich gerne ein paar Bilder und eine kurze Moderation in meine Tipps- und Tricks-Datenbank aufnehmen ... und dann auf den ausführlichen Baubericht hier im Forum verlinken. Ich finde es immer schade, wenn solche tollen Berichte in den "Tiefen der Forums untergehen". Der gleiche Wunsch gilt für deine bebilderte Fensterbaubeschreibung.
Ich hatte mich (allerdings nur in Spur N) auch mit dem Thema "altes Schindeldach" befasst und kam zu einem ähnlichen Verfahren. Die Bilder zeigen den ersten Test, der ungefähr 1:87-Dimensionen hat:
... und das fertige Haus für Spur N (Wände aus 2-mm-Graupappe ,ot Dispersionsfarbe "gekalkt", Vordertür aus geritztem Polystyrol, Rücktür aus Balsaholz):
Die Schornsteine sind übrigens aus Aderendhülsen:
Meine Fenster habe ich ebenfalls aus StripStyren gebaut; dem Maßstab 1:160 geschuldet allerdings nicht gedoppelten Fensterrahmen:
Bilder und Beschreibungen kannst Du gerne verwenden.
Dein Haus sieht aber auch schick aus - noch dazu in N ... uih!
Edith ergänzt noch, daß ich inzwischen leider nicht viel weiter gekommen bin mit dem Häuschen. Einige Teile des Untergeschosses aus extrudiertem PS existieren immerhin schon und sind mit geritzen Steinen versehen, Dachrinnen und Fallrohre hängen (im wahrsten Sinne des Wortes) teilweise auch schon dran.
So ein Selbstbau "lebt" eben richtig. Da kann man den Erbauer förmlich "spüren" (ja, ok, einwenig hochtrabend ausgedrückt, aber ihr wisst was ich meine). Das ist was ganz anderes als gekauftes Plastik. Ich finds richtig toll
Bin gerade über diesen Häuslebau-Beitrag gestolpert. Also mal ehrlich: Mit Flair (D)eines Selbstbaues können selbst die tollsten Lasercut- und sonstigen Superbausätze nicht konkurrieren. Das strahlt Atmophäre aus. Man lernt auch bezüglich Arbeitstechniken mit so einem Beitrag immer wieder dazu. 1A!!! Vor vielen Jahren hatte ich auch mal einen Schmalspur-lokschuppen (HOe) als Fachwerkbau von Grund auf neu aufgebaut. Fachwerk aus, zuvor in Mooreichenbeize behandelten Leisten geklebt, dann die Felder ebenfalls mit Hartschaumplatten - besser Blättchen - aufgefüllt, wobei ich bei einigen Feldern auf Heki-Dur mit Ziegelstruktur zurückgriff.(Ziegel rot/grau gestrichen).Die Felder blieben etwa 1mm hinter der Fachwerksebene zurück sodaß man sie mit einer Mischung Moltofill - Leim - grauer Plakafarbe auffüllen konnte. Nach dem Trocknen wurde die gesamte Außenwandfläche wieder mittels Schmirgelpapier so weit abgeschliffen bis Fachwerk und Wandfüllungen eine Ebene bildeten und das Fachwerk wieder voll zu Tage kam. Anstrich der Mauerfelder in "Kaisergelb". Weitere Alterung folgte. Dann kam der Clou: Aus jenen Feldern, in welchen Heki-Dur-Platten eingemauert worden waren wurde mit einer Reißnadel Mauerstücke vorsichtig herausgestochen, ohne die Hartschauplatte zu verletzen. Nun kamen die Ziegel wieder zum Vorschein und die Bruchflächen des Moltofills waren dank der Einfärbung mit grauer Farbe nun nicht weiß sondern in schmutzigem "Putz-grau". Auch einige Risse wurden mittels Reißnadel gezogen und alles noch einmal einer 2. Verschmutzung unterzogen.
Dies als meine Erfahrungsergänzung ich Sache Häuslebau - Mauerausbrüche und Risse....... Gruß Montan
Konnte nach einiger Suche drei Bilder des Lokschuppens finden. Es sind leider keine Nahaufnahmen und so wie ich sie hier zeigen kann schon Ausschnittscanns. Die Segmentanlage war 1989 bei den Schmalspur-Feierlichkeiten in Obergrafendorf ausgestellt und ist beim Rücktransport, infolge eines Verschubstosses, zerstört worden. Aber ich dachte mir besser als garnichts.........